Rache als Bedürfnis. Wahrheit oder Rechtfertigung
Was liegt unter dem "Bedürfnis"?
Ich möchte gerne den Aspekt der Rachehandlung als zutiefst verwurzeltes menschliches “Bedürfnis” in eine andere Form bringen mit der Frage: Was liegt unter diesem Bedürfnis? Was bekommt der Mensch nicht, weshalb er zu diesen Maßnahmen greift. Mein humanistisches Verständnis sieht Rache nicht mehr als Bedürfnis per se, sondern als Ausdruck einer Nothandlung. Wird der Schritt nicht gegangen zum Hinterfragen nach den darunter und dahinterliegenden Bedürfnissen, wird es außer Rache mit viel Leid keinen Weg geben. Rache wiederum führt nur zu neuen Fehlhandlungen und Verletzungen, die dann wiederum einer Rache bedürfen, weil andere Menschen verletzt wurden. So wird eine Kettenreaktion daraus, die sich manchmal sogar schließt, weil der Geschädigte zurück ”schädigt”, never ending story.
Umwandeln des Rechts nach Rache
Was also tun und was bedeutet das für die Mediation aus meiner Sicht?
Das Umwandeln des Rechts nach Rache erfolgt im ersten Schritt mit einem Waffenstillstand, Frieden ist ja noch lange nicht da.
Die Waffen müssen ruhen, sei es das Unterlassen von körperlichen Attacken oder das Unterlassen von verbalen Übergriffen. Auch eine weitere Eskalation durch Machtverschiebung, wie die Einbeziehung bisher Unbeteiligter muss zum Zwecke der Rache unterbleiben. Einbeziehung Dritter zum Zwecke der Konfliktlösung ist selbstverständlich machbar.
Rachebeweggründe
Der zweite Schritt bedeutet das Hinterfragen der Verletzung, der Fehlhandlung: Was stand dahinter, was war die Triebfeder, was war das zugrundeliegende Bedürfnis? Geht es um Gerechtigkeit, Fairness, Gleichbehandlung, Rücksichtnahme oder Respekt? Geht es um Handlungsfähigkeit, Autonomie, eigene Meinungen? Das Herauszuarbeiten ist nicht leicht für die Konfliktparteien. Erst, wenn das klar ist und auch deutlich wird, wo genau die Übergriffe und Fehlhandlungen genau lagen, kann eine Wiedergutmachung erfolgen.